Kürzlich habe ich mit einer befreundeten Führungskraft gesprochen. Meine Freundin führt schon lange erfolgreich ein erfolgreiches Vertriebsteam. Während unseres Gesprächs kamen wir auf ihren neuen Chef zu sprechen. Sie ist recht angetan von ihm, jedoch äußerte sie auch einige Bedenken. Da ihr Vorgesetzter an einem anderen Standort sitzt, hat sie Angst, sie könne abgehängt werden. Schließlich laufen sie sich ja praktisch nie über den Weg.

 

Naja, meinte ich, das sei ja vor allem seit Corona überhaupt kein Problem. Schließlich sitzen die wenigsten gerade in einem Gebäude mit ihren Ansprechpartnern und wir sind ja alle mittlerweile mehr als geübt in Videokonferenzen. Ich sagte also, sie könne doch einfach mit ihm regelmäßig eine Videokonferenz machen.

 

Da zeigte sich dann die Krux des Ganzen: Meine Freundin hatte Hemmungen auf ihren Chef zuzugehen und von ihm „einfach so“, ohne Grund sozusagen, einen Abstimmungstermin zu bitten.

 

Nach dem Motto „Ich habe aber doch gar nichts abzustimmen, weil ich meine Probleme alle selber löse. Was soll ich also mit ihm reden?“.

 

Auf diese Haltung bin ich schon öfters gestoßen – und interessanterweise immer bei Frauen. Und dieses Verhalten ist meiner Meinung nach ein Problem.

 

Warum?

 

Da morgen Muttertag ist, möchte ich heute meine Gedanken zu diesem Thema teilen. 

Ich bin zwar keine Mutter, jedoch glaube ich, dass das Thema Karriere und Mutterschaft untrennbar miteinander verbunden sind. Und mit Karriere meine ich auch gar, sich an der Karriereleiter hochzuhangeln, sondern Karriere im Sinne der Bedeutung des englischen Wortes „Career“. Da beinhaltet das Wort nämlich das gesamte berufliche Leben eines Menschen, egal auf welcher Position in der Hierarchie dieser Mensch steht.
Und in diesem Sinne sind Berufsleben und Mutterschaft im Leben einer Frau nicht zu trennen.
 
Alle meine Freundinnen sind Mütter. Die erste wurde Mutter eines kleinen Mädchens und diese Kleine macht in diesem Jahr Abitur. Sie aufwachsen zu sehen, war und ist eine der großen Freuden meines Lebens in den letzten 20 Jahren gewesen.
Mittlerweile habe ich viele Mitarbeiterin/innen führen dürfen, die Eltern geworden sind. Ich weiß, wie schwer es ist, Elternschaft und Berufsleben unter einen Hut zu bringen, obwohl sich in Sachen Betreuung und Elterngeld in den letzten 10 Jahren viel getan hat. Ich bin fest davon überzeugt, dass es die Aufgabe von Unternehmen ist, hier entsprechende Flexibilität an den Tag zu legen, damit Eltern nicht für Elternschaft bestraft werden.
 
Was mir auffällt: Frauen und insbesondere Mütter scheinen ein permanent schlechtes Gewissen zu haben. Und hier möchte ich Sie ermutigen, dieses schlechte Gewissen abzulegen. Denn: Es ist nicht Ihre Schuld – es ist systemimmanent.

Na, meine Damen! Heute schon die Hausarbeit erledigt? Nein, nicht die, zuhause. Ich meine die, für die Sie auch zuständig sind: Die an ihrem Arbeitsplatz!

War Ihnen gar nicht bewusst, dass es da auch „Hausarbeit“ gibt? Nun, dann machen wir uns mal auf die Suche: Haben Sie vielleicht heute schon das Protokoll der letzten Abteilungsbesprechung geschrieben? Oder die Spülmaschine in der Kaffeeküche aufgeräumt? Papier für den Farbdrucker, der geschickt erweise in der Nähe Ihres Büros steht, geholt? Das Abteilungssommerfest geplant? Einen Einarbeitungsplan für den neuen Kollegen gemacht? Ihre Kollegen mit Büromaterial versorgt, wenn Sie schon eh dabei sind?

Nun, das alles zählt zur „Bürohausarbeit“. Lauter Dinge, die irgendjemand machen muss, damit der Laden läuft, für die jedoch niemand explizit bezahlt wird. Und vor allem: für die schon gar niemand explizit befördert wird oder eine Gehaltserhöhung bekommt.

Warum spreche ich das an? Nun, weil meiner Erfahrung nach Frauen den überwiegenden Großteil der in Organisationen anfallenden „Hausarbeiten“ übernehmen. Teils tun sie es freiwillig und teils wird es auch von ihnen erwartet. Ich halte das für problematisch.

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